Ausgangssituation

Im Rahmen von Bauprojekten nehmen Vielfalt und Komplexität der zu installierenden Anlagentechnik und die damit in Verbindung stehende Gebäudeautomation stetig zu. Treiber dieses Trends sind zum einen die unmittelbare Forderung von Bauherren und Nutzern nach Effizienz und Komfort (Mikroebene) und zum anderen die gesetzlichen Rahmenbedingungen vor dem Hintergrund der zu erreichenden Klimaschutzziele (Makroebene).

Die zu installierende Anlagentechnik ist technologisch und ökonomisch zweckmäßig zu planen, in Form einer fehlerfreien Integrationslösung zu realisieren, um diese anschließend effizient betreiben zu können. Dabei nimmt die Elektro- und Automatisierungstechnik inklusive der damit im Zusammenhang stehenden Fachkräfte die erfolgsentscheidende Rolle ein.

Die bisherigen Ergebnisse in der Praxis stellen nicht zufrieden. Es sei dabei auf das Buch „BauWesen|BauUnwesen – Warum geht Bauen in Deutschland schief? (ISBN 978-2-8399-1570-0)“ der Autoren Jürgen Lauber, Bernd Hanke und Hans Kranz verwiesen. Die auf der Startseite und in den Abbildungen dieser Webseite verwendeten Karikaturen stammen ebenfalls von den drei benannten Autoren und finden hier mit freundlicher Genehmigung seitens Herrn Jürgen Lauber Verwendung.

 

Problemstellung

Die Komplexität eines GA-Projekts und die Einhaltung der für gewöhnlich bestehenden Zeitvorgaben lassen sich nur durch Differenzierung der Projektaufgabe in Aufgabenpakete bewältigen. Mit dieser Differenzierung geht die Koordination der Arbeitsleistungen aus den einzelnen Aufgabenpakten zwingend einher. Nachstehende Abbildung stellt die Prozessbeteiligten eines GA-Projektes dar.

 Prozessbeteiligte bei der Erstellung und dem Betrieb einer GA 

Die Differenzierung erzeugt eine Vielzahl von Schnittstellen, sodass eine rollierende Koordination bezüglich der Ausführung der Aufgabenpakete unerlässlich ist. Die Aufgabenbündel der Prozessbeteiligten, die wiederum aus mehreren Aufgabenpakten bestehen können, lassen sich wie folgt formulieren:

Bauherr

→ „Was will ich haben und wofür will ich es später verwenden?“

Architekt

→ „Welche Eigenschaften erfordert das Gebäude, damit die Anforderungen des Bauherrn erfüllt werden?“
→ „Was bedingt die Ausprägung der Baukonstruktionen (DIN 276, Kostengruppe 300) bezüglich der Technischen Anlagen (DIN 276, Kostengruppe 400) und was erfordert dies im Umkehrschluss bezüglich der Baukonstruktionen?“

Fachplaner

→ „Wie sind die Technischen Anlagen auszugestalten und wie haben diese zu funktionieren (Gebäudeautomation!), damit die baukonstruktiven und nutzungsspezifischen Forderungen erfüllt werden?“
→ „Wie gestalten sich die Mensch-Maschine-Schnittstellen bezüglich des Betriebs und der Nutzung der Technischen Anlagen und damit des Gebäudes?“

Ausführende Gewerke

→ „Wie und womit sind die Vorgaben der Fachplanung umzusetzen und warum sind diese in der jeweiligen Form umzusetzen?“
→ „Was muss gegebenenfalls mit Parallel-Gewerken zu welchem Zeitpunkt abgestimmt werden?“
→ „Was wollen Bauherr, Betreiber und Nutzer haben und wofür soll dies am Ende verwendet werden?“

Betreiber

→ „Wie und womit sollen die Technischen Anlagen und das Gebäude vor dem Hintergrund der Interessen des Bauherrn und der Nutzer (Wofür!) betrieben werden?“

 

Zielsetzung

Es besteht ein kausaler Zusammenhang zwischen qualifizierten Fachkräften und der Chance auf die Schaffung zielsetzungsgerecht automatisierter Gebäude. Um die Konzeptions-/Planungs-, Realisierungs- und Betriebsprozesse im Sinne der Entstehung und des Betriebs zielsetzungsgerecht funktionierender Gebäude durchgängig mit Fachkräften bedienen zu können, bedarf es einer systematischen und lückenlosen Qualifizierungsstrategie bezüglich aller Bauprozessbeteiligten. Vor diesem Hintergrund ist ein aufeinander abgestimmtes Lehrgangsbündel für die gesamte Prozesskette zu realisieren.

Das fachspezifische Know-how wird in den einschlägigen Qualifizierungsprogrammen der Kammern, Fach- und Hochschulen bereits vermittelt. Was derzeit fehlt, sind Bildungsprodukte, die das generalistische Know-how vermitteln. Ziel ist es, die hierfür erforderlichen Bildungsprodukte zu entwickeln und deutschlandweit zu positionieren. Diese Bildungsprodukte sollen bei den prozessbeteiligten Personen ein wechselseitiges Prozesskettenverständnis von der Planung über die Ausführung bis hin zum Betrieb von Gebäuden erzeugen und bilden die Voraussetzung, um tatsächlich zielsetzungsgerecht automatisierte Gebäude entstehen und leben zu lassen.

Der zukünftige Erfolg automatisierter Gebäude ist im Kern abhängig von Fachkräften, die mit der Elektro- und Automatisierungstechnik betraut sind. An dieser Stelle wird es zu einer Symbiose zwischen Hochschule und anwendungsorientierter Ausführungsebene kommen müssen. Hochschulen sind bestrebt, ihre Kunden (Studierenden) für die Konzeption und Planung von zielsetzungsgerecht automatisierten Gebäuden zu befähigen. Im Rahmen der Konzeptions- und Planungsprozesse ist es essentiell wichtig, die sich anschließende anwendungsorientierte Realisierung und den späteren effizienten Betrieb im Fokus allen konzeptionellen und planerischen Handelns zu halten. Umgekehrt ist es im Rahmen der anwendungsorientierten Realisierungsprozesse unabdingbar, die Konzeptions- und Planungsintentionen sowie gleichzeitig den späteren Betrieb im Fokus allen Handelns zu halten. In diesem Kontext ist das IMB-Institut mit der Entwicklung und deutschlandweiten Etablierung der Fachwirtqualifizierung für Gebäudeautomation bestrebt, die Zielgruppe der anwendungsorientierten Akteure auf Meister-, Techniker- und Fachkraftebene zu befähigen. Hergestellt wird die Symbiose zwischen Hochschule und anwendungsorientierter Ausführungsebene über den Campus Minden. Daher kommt der Campus Minden mit seiner frei programmierbaren Automatisierungstechnik auf Basis einer normen- und richtlinienkonformen Fachplanung (VDI 3813 „Raumautomation“ / VDI 3814 „Gebäudeautomation“) als Demonstrationsobjekt zum Einsatz.

Die Entwicklung der Fachwirt-Qualifizierung für Gebäudeautomation erfolgt im Einklang mit den neu entstehenden Richtlinienblättern der VDI 3814 „Gebäudeautomation“ sowie im Besonderen mit dem Blatt VDI 3814-6 „Gebäudeautomation – Qualifizierung von Personal“.